Das Phänomen der kritischen
Bandbreiten wurde ursprünglich anhand einer Vielzahl von psychoakustischen
Experimenten
zu Maskierungseffekten
und zur Lautstärkeempfindung
entwickelt. Die Entwicklung des Modells der auditiven Filterung und die
Untersuchung der Eigenschaften der Filter beruhen ebenfalls vor allem
auf Maskierungsexperimenten.
Die überwiegende Zahl dieser Experimente
hat gemeinsam, dass fast ausschliesslich statische Schallsignale verwendet
werden. Als statisch werden Signale von wenigen hundert Millisekunden
(mindestens 100 ms) Dauer angesehen, die nicht moduliert werden.
Das heißt, dass das Spektrum
der Signale in den Experimenten ebenfalls statisch ist, d.h. die Frequenzzusammensetzung
bleibt über den untersuchten Zeitraum unverändert.
Diese Bedingungen liegen einer Reihe von Annahmen
zugrunde, die als Energiespektrum-Modell bezeichnet werden:
- Auditive Filter sind getrennte Verarbeitungskanäle.
Komponenten komplexer Schallsignale, die in verschiedene Filterbandbreiten
fallen, werden getrennt verarbeitet.
- Um ein Signal aus einem Hintergrundgeräusch herauszufiltern,
bedient sich das Gehör eines einzelnen Filters, dessen Mittenfrequenz
möglichst nahe der Signalfrequenz liegt.
- Der Filter lässt das Signal durch, aber entfernt
einen Großteil des Geräuschs.
- Zur Maskierung des Signals tragen nur die Komponenten
des Rauschens bei, die denselben Filter passieren wie das Signal.
- Das Gehör nutzt den Filter, der den größten
Signal-Rauschabstand aufweist.
- Die Wahrnehmungsschwelle des Signals hängt vom Anteil
des Rauschens ab, das vom Filter durchgelassen wird.
Die Annahmen des Energiespektrum-Modells reichen in vielen
Fällen aus, um Maskierungseffekte zutreffend zu beschreiben bzw.
vorherzusagen. Jedoch treffen sie in vielen Fällen nicht zu. Diese
Fälle stehen meist im Zusammenhang mit zeitlichen Änderungen
der Schallsignale.

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